Wieder zum Klingen gebracht – ein Klangprojekt von Thomas Müller & Gisbert Schürig

Der Ausgangspunkt für dieses Klangprojekt von Thomas Müller und mir war ein Fundstück:

Eine aus Ton gefertigte Rassel, mit der Inventarnummer If 19584 ausgestellt im Neuen Museum Berlin. Gefunden wurde die Rassel im Graben der Burg 7, Burgwall Spandau (Grundstück 17) . Datiert wird sie in das 12. Jh. , ist also fast tausend Jahre alt.

Wir haben in Kooperation mit dem Museum für Vor- und Frühgeschichte (Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz) Klänge der Rassel aufnehmen können.

Bei den Aufnahmen im Neuen Museum, von links nach rechts:
Thomas Müller, David Hölscher (Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin), Gisbert Schürig, Stephan Puille (HTW Berlin), Franziska Thieme (MVF Berlin)

Live Performance im Museum Spandau

Diese Aufnahmen wurden dann der Ausgangspunkt für eine Soundperformance, die wir am 18. Mai 2025 im Museum Spandau, also ganz nahe des Fundortes, präsentiert haben. Hier Impressionen von diesem Auftritt:

Das hier gezeigte Video kombiniert einen im Wesentlichen unbearbeiteten Ausschnitt aus den Tonaufnahmen mit visuellen Impressionen von diesem Auftritt.

Der Klang der Rassel taucht hier in ganz verschiedenen Varianten auf, abgespielt z. B. per MD-Player und Looper, per Musiksoftware mit Midi-Controller bzw. Midi-Gitarre oder auch als Sample in einer Groovebox.

Ebenso vielfältig sind die Effekte, mit denen der Klang der Rassel bearbeitet wird, wobei aber im hier hörbaren Ausschnitt die Erkennbarkeit des Rasselklanges grundsätzlich erhalten bleibt.

Hier ein kurzer Einblick, wie das Abspielen und mit Effekten versehen in der Musiksoftware Ableton Live aussieht:

Geräte, Instrumente und ihre Bedienung

Während die Tonrassel beim Auftritt physisch abwesend ist, richtet sich der Blick auf die Geräte und Instrumente, die wir verwendet haben, um den Rasselklang zu reproduzieren, zu bearbeiten bzw. um ergänzende Klänge zu erzeugen. Finger greifen, klopfen und justieren, Hände bedienen Werkzeuge und Mechanismen, manipulieren damit Klang in der Zeit und illustrieren so einen wesentliches menschliches Verhältnis zur Welt: zu gestalten.

Für das Konzert haben wir ein Repertoire sehr unterschiedlicher Geräte zusammengestellt: ein Holzbrett wird durch die Kombination mit Kontaktmikrofonen und Musiksoftware zu einem ganz individuellen elektronischen Instrument für zwei Spieler. Die Gitarre ist hier nicht nur traditionelles Instrument, sondern dient auch als Controller für Rassel- und Synthesizer-Klänge.

Hier eine vereinfachte schematische Darstellung, die wir für das Konzertpublikum ausgelegt haben:

Für den Abschnitt, der im Video zu hören ist, ist insbesondere der verwendete MD-Player charakteristisch – ursprünglich kein Musikinstrument, sondern ein (inzwischen obsoletes) Abspielmedium, prägt er in Kombination mit Loopern und Effekten ganz wesentlich die Struktur der Klanggestaltung anhand kurzer wiederholter Abschnitte.

Im Lauf der Zeit

„Wieder zum Klingen gebracht“ ist eine Einladung, sich einzulassen auf die Spanne zwischen Jetzt, zwischen dem Moment, in dem die Musik erklingt und einer Vergangenheit, die sich weit jenseits unserer individuellen sinnlichen Erfahrung erstreckt. Die Klänge der uralten Rassel erschließen uns keine Geheimnisse ihrer Epoche, sie tragen keine eindeutige Bedeutung, die sich entschlüsseln ließe – aber sie eröffnen uns eine Möglichkeit, uns eingebunden zu fühlen in den Lauf der Zeit.

Erneutes zum Klingen bringen

Eine weitere Performance in der Zitadelle Spandau ist geplant für den 13. September 2025 anläßlich des Tag des offenen Denkmals.

Das Projekt ist gefördert aus Mitteln des Fonds Dezentrale Kulturarbeit Spandau.


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